Es ist früh an diesem Donnerstag Morgen. So früh, dass die vielen Menschen am Flughafen mir erscheinen wie Teile meines unterbrochenen Traums. Bin ich schon wach oder schlafe ich noch? Schlaftrunken wandele ich durch den Abfertigungsapparat des Flughafens Köln-Bonn. Lasse das was mir lieb ist schweren Herzens hinter mir. Ein Blick zurück, dann bin ich allein. Von nun an 17 Tage.
Der Flieger Marke Germanwings hebt ab, um 7.05 Uhr Richtung London. In der Luft kreisen meine Gedanken um ein und die selbe Frage: „Was mache ich eigentlich hier?“ Nach all der Vorbereitung und Reiseplanung habe ich in diesem Moment, so kurz vorm Ziel, mein eigentliches Ziel verloren. Neben den 8 Kilo Gepäck habe ich auch die vielen Gedanken über mich, meine Zukunft und diese Reise eingepackt. Jetzt merke ich, dass sie mir zu schwer werden. Bei meiner Ankunft in London, lasse ich sie einfach zurück im Flieger. Ich kann sie hier nicht gebrauchen.
In London Stanstead schnuppere ich die erste britische Luft. Ungewohnt aus der letzten Zeit, strahlt mir die Sonne vom brillant blauen Himmel entgegen. Mein erster Gedanke, als ich auf dem Weg mit dem Shuttle die vielen Shops mit Sandwiches und Smoothies im Hauptterminal entdecke: „Gott ich danke Dir! Ich werde nicht verhungern!“. Parallelen zu der Ankunft in Spanien letztes Jahr tuen sich auf. Scheinbar schaltet mein Hirn, sobald ich die heimischen Gefilde verlasse, unmittelbar auf Überlebensmodus und sucht nach Essen. Ungeachtet davon, ob ich mich gerade auf einem internationalen Flughafen in Europa befinde oder im tiefsten Dschungel.
Der Flughafen ist mit allem ausgestattet, was man für die ersten Tage auf der britischen Insel braucht. Für die lange Busfahrt Richtung Süden, decke ich mich in den zahlreichen Shops ein mit Wasser, Sandwich, KitKat und einem Smoothie. An dem Schalter „Hotel Service“ bekomme ich ohne Probleme eine britische Prepaid-Karte für mein Handy. Die 20 £ Guthaben sollten für die nächsten Tage reichen, um bequem meine Unterkünfte zu buchen. Sollte ich die Karte in der Zeit aufbrauche, kann ich sie in den meisten Shops bzw. Supermärkten aufladen lassen.
Mit der Sonne im Gesicht schlendere ich gelassen zum nahegelegenen Busbahnhof. Nur 5 Minuten den Schildern nach, auf dem Weg linksgehend versteht sich, warte ich ich auf meinen 9-Uhr-Bus Richtung Heathrow.
Die 2 Stunden Fahrt nach Heathrow vergehen fast ebenso schnell wie der 1-stündige Flug nach Stansted. Das umwerfende Wetter und der bequeme Bus heben meine Laune erstaunlich trotz der Aussicht, dass ich heute noch weitere 7,5 Stunden im Bus verbringen werde. Das Schönes ist, dass das Urlaub ist.
In der Heathrow-Busstation begrüßt mich das selbe Sortiment an Shops wie in Stansted. Ja ok, ich werde definitiv nicht verhungern. Neben meinem Bus Richtung Plymouth, gibt es hier zahlreiche Möglichkeiten um in Londons Innenstadt zu gelangen. Ich bin froh, dass ich darum einen großen Bogen machen werde. In dieser geschäftigen Hektik ist mir immer mehr nach Ruhe, Natur und dem Meer.
Der 2. Bus Richtung Plymouth ist noch komfortabler als der Erste. Toiletten an Board eine Selbstverständlichkeit. Beruhigend zu wissen bei mehr als einem Liter Wasser intus. Zu meinem Glück ergattere ich einen freien Platz in der ersten Reihe in dem vollbesetzten Bus. Wieder ein paar Punkte mehr auf meinem Gute-Laune-Konto. Nach etwa 3 Stunden Fahrt machen wir eine halbstündige Pause auf einem Rasthof. Und da sind die wieder: Vimpi Burger, Costa Coffee und die Sandwiches. Doch so langsam bin ich satt…
Auf dem weiteren Weg Richtung Plymouth wird die Landschaft so langsam immer lieblicher. Grüne Hügel, deren saftiges Gras zahlreiche Schafe abgrasen. Hecken, die sich wie Linien über das Land ziehen.
Von weitem glänzt Plymouth wie eine Perle am Meer. Eben dieses glitzert im Hintergrund der Stadt. Ich bin an der Küste! Ein Teil von Ruhe, natur und Meer wäre damit schon mal erreicht.
Das Überqueren des Plymouth Sound über die gewaltige Brücke, ist wie das Betreten einer anderen Welt. Ab hier beginnt das richtige Cornwall. Lieblich und friedlich, wie man es vom Klischee her kennt. Auch die Atmosphäre im Bus ist eine ganz andere. Der wesentlich kleinere Bus transportiert in der Hauptsache Einheimische nach Hause. Oder durchs Land. Die Fahrgäste kennen die beiden Fahrer, unterhalten sich so fröhlich über dies und jenes. Neugierig höre ich zu, bis meine Gedanken abdriften und sich in den grünen Hügeln verlieren. Während der gesamten Busfahrt habe ich kein einziges Mal Musik gehört, nur 5 Seiten in meinem Buch gelesen und gerade mal 1 Stunde geschlafen. Danach ist mir auch gar nicht. Ich sitze einfach da, blicke raus ins Land und denke mich leer. Je weiter ich nach Süden fahre, je größer die Distanz zu meinem Gedankenpaket wird (das jetzt wahrscheinlich in der Fundstation in Köln auf mich wartet), desto leichter fange ich an mich zu fühlen. Erleichtert begreife ich in diesem Moment, dass im Morgen keine Verpflichtungen gibt. Es gibt nur das Hier, das Jetzt und mich.
19.35 Uhr britischer Zeit. Die Ankunft in St. Ives gibt mir die Antwort darauf, wofür sich die fast 12 Stunden Anfahrt gelohnt haben. Dafür, für diesen Ort. Wenn ich mir den schönsten, malerischsten Fischerort in Großbritannien vorstellen müsste, dann wäre das St. Ives. Ein Bilderbuchort. Noch viel schöner als ein Klischee je beschreiben kann.
Direkt gegenüber meines B&B liegt die Anhöhe „The Terrace“ von der man erhaben über das Städtchen blicken kann. Zu meiner Rechten erstreckt sich eine traumhafte Bucht mit feinstem Sand und türkisfarbenen Wasser (ja es ist türkis!). Zu meiner linker liegt der Stadtkern, eingerahmt von einem idyllischen Hafen und mindestens 3 weiteren Sandbuchten.
Der Sonnenuntergang deckt dieses friedliche Bild vor meinen Augen zu. Die Neugier und Vorfreude jeden Winkel dieses Städtchens morgen bei Tageslicht zu erkunden fegen den letzten, noch so kleinen Funken Zweifel aus meinem Kopf. Ich bin angekommen!
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