Für Doolin nehme ich mir Zeit, ganze zwei Nächte und anderthalb Tage. Nach meiner verhältnismäßig kurzen Etappe von Fanore aus am Vortag, habe ich an diesem Tag noch den ganzen Nachmittag, um Doolin in aller Ruhe zu erkunden. Da hier tagsüber besonders viele Touristen unterwegs sind, nutze ich diese Zeit, um am Tag darauf den Küstenweg bis zu den Cliffs of Moher in Ruhe zu erkunden. Mich erwarten zwar „nur“ 8 Kilometer, aber dafür einige Steigungen, so dass ich mich hier einen halben Tag gut auspowern kann. Ganz so schnell komme ich an dem Tag allerdings nicht los: es regnet und stürmt… immer wieder. Zwar kein heftiger Regen, mehr der typisch irische „drizzle“, doch für spektakuläre Fotos gänzlich ungeeignet. Ich gönne mir zur Abwechslung eine wohlig warme Pause im Hostel, trinke Soja-Milchkaffee und lese in meinem Buch weiter. Um 15.30 Uhr fährt an diesem Tag der öffentliche Bus 350 von den Cliffs zurück nach Doolin. Ich habe also (die besagte) Zeit.
Beschreibung
Der Nieselregen zieht in regelmäßigen Abständen über das Land. Ob ich nun hier im Hostel sitze oder die Küste entlang laufe: dem Regen ist das so ziemlich egal. Daher werfe ich die Regenmontur über, packe noch eine warme Wollmütze mit ein und stiefele los. So zuversichtlich wie ich scheinen heute wenige zu sein: auf meinem Weg zu den Cliffs begegne ich gerade mal 5 weiteren Menschen. Ungewöhnlich für eine sonst so beliebte Strecke. Das mag aber auch an dem kräftigen Wind liegen, der schon seit heute morgen mit knapp 30 km/h auf die Küste knallt. Im Landesinneren mag einen das wenig stören, doch hier oben am Rand der Klippen fühlt sich das schon ganz anders an. Ich schnüre die Kapuze noch fester, klammere die Fototasche an mich und atme tief durch. Auf zur Mutprobe!
Der Wind weht mir um die Ohren. Immer wieder muss ich stehen bleiben, um mir dieses Naturschauspiel anzuschauen. Energiegeladen peitschen die Wellen gegen die Klippen unter mir. Manchmal so heftig, dass das Wasser zu mir nach oben hoch spritzt. Der Blick von hier aus ist gigantisch! Bis zu den Burren im Norden kann ich blicken, die ganze Küste entlang. Auf offener See vor mir reihen sich die drei Aran Islands wie drei Schwestern auf… groß, mittel und klein. Der Himmel gleicht einem Zeitrafferfilm aus Farben und Formen. Wie im Kino sitze ich hier mitten im Gras und beobachte, wie in kürzester Zeit die Wolken von einer Ecke in die andere ziehen. Ich kann von weitem bereits die Regenwolken erkennen, wie sie sich zu einer grauen Masse über dem Atlantik formieren und in zügigem Tempo auf mich zu kommen. Erst wird mir etwas mulmig zu Mute… ich gehe in Deckung hinter einem Stück Mauer auf dem Weg, ziehe die Kapuze ins Gesicht und grinse den beiden Eseln gegenüber von mir zu, die dieses Spektakel wahrscheinlich täglich durchmachen müssen. Statt wegzurennen oder panisch zu werden, bleiben die beiden ruhig stehen, warten ab und lassen das Unwetter über sich ergehen. Warum sollte ich dem nicht auch gleich tun und es ihnen nachmachen?
Kaum ist des erste Unwetter über mir vorbei gezogen, stehe ich wieder auf, schaue mich um, entdecke sogar Sonne und laufe glücklich weiter. So einfach ist das! Der Wind prustet immer noch ganz schön heftig, doch daran hab ich mich jetzt gewöhnt und nehme mir Zeit. Das hier – der heftige Wind, die raue See, das wechselnde Wetter – das ist Irland, und dafür liebe ich es. An diesem Tag erlebe ich die Natur mit allen Sinnen und nehme sie fast materiell war. Sie hat eine Form, die ich nahezu berühren kann. Auch der Wanderweg führt, im Vergleich zu meiner zweiten Etappe auf dem Burren Way gestern, natürlich über Stein, Wiese und zum Teil auch Matschwege. Kurz vor erreichen meines Ziel, dem Visitor Center der Cliffs of Moher, wird der Weg steiler und die Menschen vielzähliger. Der Wind knallt jetzt so heftig auf die Klippen, dass ich mich beim Aufstieg einer steilen Steintreppe hinsetzen muss. Einige Besucher um mich herum gehen dem auch nach und klammern sich an die Pfeiler des neben uns stehenden Stacheldrahtzauns. Für einen Moment habe ich das Gefühl gleich wegzufliegen… ob ich hier bis heute Abend sitzen bleiben muss? Unvorstellbar, dass bei diesem heftigen Wetter Touristen in feinen Lederschuhen und Handtasche die Cliffs lang spazieren. Als wäre das hier die schicke Promenade Irlands! Ich hingegen muss all meinen Mut zusammenfassen und mich gegen Wind lehnen um weiter zu laufen. In schnellem Tempo laufe ich vorbei an den Touristenscharen aus aller Welt, beachte sie kaum und bin einfach nur froh wenn ich im windstillen Bus sitze.
Tipps
Es lohnt sich, sich für diese Etappe Zeit zu nehmen, um die Natur und die Landschaft mit allen Sinnen zu erleben. Eine Pause am Rande der Klippen hat beinah etwas meditatives, wenn man den Blick in die Ferne schweifen lässt und dem Rauschen der Wellen lauscht. Aber Vorsicht: man sollte immer auf dem markierten Weg bleiben und nicht zu nah an die Klippenkante gehen. Hier sind schon einige Menschen abgestützt, gerade bei heftigem Wind.
Die Cliffs of Moher zählen zu beliebtesten und meist besuchten Sehenswürdigkeiten Irlands. Jährlich kommen etwa 1 Millionen Touristen aus aller Welt hierher. Diese knubbeln sich allerdings eher um das Visitor Center herum. Es lohnt sich daher hier entweder früh morgens oder am Abend unterwegs zu sein. Einsteigen auf den Küstenweg kann man sehr gut von Doolin im Norden oder Hag´s Head im Süden aus. Der Bus 350 fährt regelmäßig in beide Richtungen zurück.
Highlights
- Die gesamte Strecke an der Küste entlang
- Natur erleben in Form von Wind, Regen und Wellen
- 360° Rundumblick hoch auf den Klippen
Fakten
Länge: 8 km
Höhenmeter: 210 m hoch, 80 runter
Dauer: 2,5 Stunden (reine Gehzeit)
Verlauf: Doolin – Cliffs of Moher (Visitor Center)
Anreise: Bus 350 (regelmäßig zwischen Doolin und den Cliffs)
Markierung: Sehr gut (Burren Way gelb oder Liscannor rot)
Karten: Ordnance Survey 51
Beschaffenheit: 1/1 Feld-/ Küstenweg
Unterkunft: Doolin Hostel, Aille River Hostel, Rainbow Hostel, Flanagan’s Hostel
Essen & Trinken: diverse Möglichkeiten in Doolin und im Visitor Center der Cliffs
Meine Unterkunft (in Doolin)
Doolin Hostel
1 Fisherstreet, Doolin
Co. Clare, Ireland
Tel: 00353 (0) 87 2820587
www.doolinhostel.ie
ab 20 € Zimmer pro Person/ Nacht (je nach Kategorie)
Doppelzimmer, Familiy Rooms und Mehrbettzimmer vorhanden
inkl. Frühstück, Wohnzimmer mit Kamin, Café (9 bis 21 Uhr), W-Lan
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