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Von der Wuppermündung ins bergische Land

Leverkusen Rheindorf – Haasenmühle (17 km, 4 Stunden)
Schon lange habe ich mit ihm geliebäugelt, dem Wupperweg. Gerade deshalb, weil er so unglaublich nah an meiner Heimat liegt und so unglaublich schnell erreichbar ist. Und natürlich auch weil er konstant am Wasser lang läuft. Beides Aspekte, die mich motiviert haben diesen Fernwanderweg von insgesamt 126 Kilometern Stück für Stück zu erwandern. Anders als in den gängigen Wanderführern beschrieben, wie z.B. „Der Wupperweg – Eine Wanderung in 12 Etappen“ von Jörg Mortsiefer, starte ich meinen Weg an der Mündung in Leverkusen-Rheindorf statt im Sauerland. Das hat den Vorteil, dass von diesem Startpunkt aus die nächst größeren Städte Köln und Düsseldorf in weniger als einer Stunde zu erreichen sind. Für mich als Wahldüsseldorferin ein enormer Vorteil, um mal eben am Wochenende an hübsches Stück Natur zu laufen. Auch die erste Hälfte des Weges von hier aus bis nach Wuppertal ist von Düsseldorf schnell erreichbar. Kein stundenlanges Auto fahren vor dem wandern, kein Übernachtungsdruck zwischen den Etappen. Daher mein Plan für dieses Jahr: den Wupperweg verteilt auf Wochenenden von Anfang bis Ende zu wandern.

An dem heutigen Tag starte ich wie schon gesagt an der Mündung der Wupper in Leverkusen-Rheindorf. Genügend Parkbuchten am Ende der Burgstrasse bieten Platz für mein Auto. Hinter dem Damm vermute ich schon das plätschernde Wasser. Freudig sind Tagesrucksack geschultert und Schuhe geschnürt, dass ich gegen 9.20 Uhr meinen Weg starte. Gleich zu Beginn weist mir das Wanderzeichen des Wupperwegs (Raute 6) den Weg, so dass ich weder den Wanderführer noch die GPS-Route auf den iPhone zu Hilfe nehmen muss. Eins kann ich vorab schon sagen: genau so bleibt es den gesamten Weg entlang. Sehr entspannend, da man im Prinzip nur dem Zeichen folgen muss. Ganz ähnlich wie auf der Via de la Plata in Spanien.

Ab Rheindorf taucht man direkt ab in grüne Wiesen, begleitet auf Asphalt die Wupper zur rechten Seite.Klar hört man noch leicht das Rauschen der Autos von der Autobahn, entdeckt die Dächer der Wohnsiedlungen von Rheindorf hinter dem Deich und vermutet unter dem über 60 Meter hohen Hügel mehr als nur Erde (nämlich die Abfalldeponie von Leverkusen und Bayer), aber ganz ehrlich: ich habe es mir schlimmer vorgestellt.

Verband ich mit Leverkusen bisher eine graue Betonstadt, bin ich hier doch mitten in lieblicher Natur. Am Katerakt, der Stelle an der die Dhünn in die Wupper fließt, rauscht das Wasser sogar so stark wie ein flacher Wasserfall.

Kurz nach der Unterquerung einer Straßenbrücke, schlängelt sich der Weg weg von der Wupper durch die Felder. Dadurch öffnet sich der Blick für einige der zahlreichen Pferdehöfe der Region und rosa-weiß-blühende Bäume. Es geht durch ein Wäldchen und die wunderschönen Wupperauen. Von hier aus kann man schon das Bellen der Hunde hören, die auf dem Hundeübungsplatz von ihren Herrchen trainiert werden. Als ich Hund und Halter zu meiner Rechten passiere, läuft der Weg schnurstracks parallel zu den Bahngleisen, über die ich sonst schon öfter im Regional Express von Düsseldorf nach Köln gefahren bin. Besonders schön wird der Abschnitt, die Bahngleise verlassend, unter einer imposanten Brücke hindurch, auf dem anderen Ufer der Wupper entlang bis zur Reuschenberger Mühle. Denn von hier aus wird der Weg von dem etwas kleineren Gewässer, dem Mühlengraben, ganz nah begleitet. Wie auf Augenhöhe mit dem Wasser. Auf der anderen Seite zu meiner Rechten, erstreckt sich das große Arial des Wildparks. Wenn ich nicht die Schlecht-Wetter-Prognose für den Nachmittag im Kopf hätte, würde ich jetzt noch ein Ründchen im Wildpark dranhängen. Aber es geht weiter.

Kurz vor dem Hans-Richartz-Tierschutzzentrum kommt mir eine Truppe von circa 15 Hundehaltern mit ihren unterschiedlich aussehenden Hunden entgegen. Eine Frau mitten drin gibt lautstark Anweisungen. Keine Frage: Hundeschule. Generell ist mir aufgefallen, dass die Gegend hier für alle Hundeliebhaber ein Schatz sein muss. So trifft Labrador auf französische Bulldogge und Rhodesian Ridgeback auf Dackel. Hinter dem Tierschutzheim links treffe ich wieder auf die Wupper und laufe mit ihr auf Leverkusen-Opladen zu. Von der Stadt selber bekomme ich nicht viel mit, da der Wupperweg am westlichen Außenbezirk vorbeiführt. Da stören auch die Backsteinfabriken nicht. Laut dem Wanderführer von Jörg Mortsiefer wäre die erste Etappe hier schon vorbei. Wer will kann von hier aus an der Haltestellen Leverkusen Wupperbrücke mit dem Bus zurück zum Ausgangspunkt fahren. Ich will nicht. Viel zu schön ist die Natur, viel zu schnell bin ich hier angekommen. Gerade mal 1,5 Stunden bin ich gelaufen.

Unter einer kleinen Brücke hindurch setze ich also meinen Weg fort. Dabei passiere ich den ganz hübschen Wiembachteich mit seiner brausenden Fontäne in der Mitte. Doch zu voll ist es mir hier, da sich bei dem doch noch ganz schönen Wetter einige Andere hier auch tummeln. Vorerst die Wupper verlassend, passiere ich auf einem Waldweg Gassigänger und Fußballspieler, die dabei sind ihrem Platz von Müll der jüngsten Grillsaison zu befreien. Kaum bewege ich mich aus dem Stadtgebiet raus aufs Land, wird es auch wieder einsamer. In dieser Einsamkeit glänzt der Hof mit der Aufschrift „Landjugend Leichlingen“ wie ein Juwel. Schön ist es hier. Nach einer weiteren Unterführung und einem leichten Anstieg in den Wald, gelange ich dann zur hinteren Einfahrt von Haus Forst. Immer noch gut in der Zeit, zweige ich kurz vom Wupperweg ab und besichtige in aller Ruhe das öffentliche Kunst- und Kulturzentrum. Die ursprüngliche Ritterburg wurde im 14. Jahrhundert in ein Kloster umfunktioniert bevor es dann Ende des 19. Jahrhunderts als Herrenhaus bewohnt wurde. Nach dem 2. Weltkrieg ging es dann für fast 40 Jahre in den Besitz des Malers Werner Peiner über, dessen künstlerische Ausrichtung heute noch im Hof weiterlebt. Still und verlassen liegt es da.

Würden keine Fahrräder vor der Tür, könnte man meinen man wäre hier alleine. Der Magnolienbaum im hinteren Bereich des Innenhofes verzaubert mich.

Zurück auf dem Wupperweg geht es noch ein ganzes Stück durch den Wald bis ich das Städtchen Leichlingen erreiche. Bis zum Zentrum laufe ich durch eine, ehrlich gesagt, recht hässliche Wohnsiedlung. In meinem Kopf trällert die Wort „Bonjour Tristesse“. Angenehmer wird es wieder Stadtkern von Leichlingen. Bei einer ersten Pause mit meinem ersten Eis in diesem Jahr, grübele ich auf einer Bank ob ich noch ein Stück weiter laufe oder von hier aus den Bus zurück nehme. Ich laufe weiter. Die Eisverkäuferin versichert mir, dass es laut Regionalradio erst am Abend anfangen soll zu regnen. Es ist jetzt 12.30 Uhr, ich dürfte also noch genug Zeit haben. Aus dem Stadtzentrum raus, auf die rechte Seite der Wupper wechselnd, an einer ganz schönen evangelischen Kirche im Barockstil vorbei, verläuft ein schmaler Weg zwischen Wupper und dem Leichlinger Schulzentrum. Erinnerungen an Pausen auf dem Schulhof werden wach. Hinter Leichlingen streife ich Wohngebiet und das eingezäunte Rokokoschloss Eicherhof. Wie gerne würde ich hier einen Blick nach innen werfen. Wäre ich unter der Woche hier und Klient einer der Anwälte oder würde ich hier an einer Tagung teilnehmen, würde dies wohl gehen. Vielleicht würde ich dann auf einem der Bälle, die hier zu repräsentativen Veranstaltungen gehalten werden, auf adelige Gesellschaft treffen. Ich laufe weiter.

Die Wupper ist von hier aus so gar nicht mehr zu sehen. Vermute ich sie doch weiter links hinter Schloss Eicherhof. Mein Weg führt mich aber geradewegs über die viel befahrene Straße, hoch auf den Hügel. Das erste Mal Anstieg bei dieser Tour. Entsprechend schnell komme ich aus der Puste, fange mich aber recht schnell als ich oben angekommen in einem Meer aus Obstbäumen stehen. Diese sind auch bekannt als die Bergischen Obstkammern. Nicht verwunderlich, dass bei den vielen verschiedenen Obstbäumen, die hier stehen, Leichlingen auch als „Blütenstadt“ bekannt ist. Neben dem Wupperweg schlängelt sich auf diesem Stück auch der Obstweg lang. Auf den Holzpfählen der Obstweisen verteilen sich Hinweisschilder, die Aufschluss darüber geben, welche Obstsorte hier gepflanzt ist. Ganz ungewohnt begrüßen mich Apfelsorten wie „Jacob Lebel“ oder „Zuccalmaglios Renette“, bin ich doch die üblichen Verdächtigen aus dem Supermarkt gewöhnt. Ein Grund mehr diese Region zu erwähnen und zu fördern. Bewahrt man diese natürliche Region, die schon im Jahr 973 erwähnt wurde, so bewahrt man damit auch den Glanz dieser vergangenen Zeit. Ich fühle mich fast schon wie in einem Freilichtmuseum.

Als ich gerade noch ein paar Bilder von den bereits blühenden Obstbäumen knipsen will, fängt es (wider Erwarten) an zu tröpfeln. Schnell packe ich die Kamera weg und hole dafür mein Regencap raus. Mag sein, dass ich damit wie ein kleiner Hobbit aussehe, aber wenigstens werde ich nicht naß. Zwar kann ich von hier aus keine Fotos mehr schießen, gucken kann ich aber immer noch mit den eigenen Augen. Gerade dieser Part ab den Obstweisen ist besonders schön. Es wird zunehmend bergischer. Auf einem kleinen Hügel passiere ich zwei wunderschöne, kleine Fachwerkhäuser, die wieder umgeben sind mit Obstbäumen. Nach einer großen Linkskurve trabe ich bergab ins Tal. Ein Zeichen dafür, dass die Wupper nicht weit weg sein kann. Das Wasser von oben (der Regen) wird immer mehr, doch bin ich beruhigt, da mein heutiges Ziel nicht mehr weit entfernt liegt. Und tatsächlich: aus dem Wald raus, laufe ich frontal auf die Wupper zu und erblicke schon von weitem die Bushaltestelle Solingen Haasenmühle. Zu meinem Glück kommt der nur stündlich fahrende Bus in genau 10 Minuten. Ich hätte es aber auch nicht schlimm gefunden zu warten, bietet sich doch das Gasthaus Haasenmühle direkt nebenan an für eine erwärmende Pause. Die Rückfahrt bis nach Leverkusen-Rheindorf bis zu lustig klingenden Haltestelle Pützdelle, dauert mit Umsteigen in Leverkusen-Zentrum etwa eine Stunde. Auf dem Sitz im Bus am Fenster, lasse ich die Orte und Natur in etwa 15-facher Geschwindigkeit an mir vorbei ziehen. Wie schön doch Heimat ist.

Alle Bilder dieser Tour habe ich außerdem hier zusammengestellt:
Fotoalbum “Wupperweg” bei flickr (68 Bilder)

http://www.outdooractive.com/de/


Der Wupperweg ist eine ganz wundervolle Möglichkeit, um das Bergische Land im entschleunigten Tempo zu entdecken. Dank der guten Busverbindung und der doch recht dichten Besiedlung, kann man den insgesamt 126 Kilometer langen Weg ideal in einzelnen Etappen laufen. Ob in kürzeren 12 Etappen wie in dem Wanderführer „Der Wupperweg – Eine Wanderung in 12 Etappen“ von Jörg Mortsiefer beschreiben oder in längeren Etappen: die Lust am Laufen und das eigene Zeitpensum entscheidet.

Ausgangspunkt
Leverkusen-Rheindorf,
Parkmöglichkeit auf der Burgstrasse

Endpunkt
Solingen Haasenmühle,
mit dem VRS-Bus zurück

Busverbindung (Rückweg)
Bus 250: Solingen Haasenmühle – Leverkusen Rathaus (sonntags alle Stunde um 6 Minuten nach)
Bus 211: Leverkusen Rathaus – Leverkusen Pützdelle (sonntags alle 15 Minuten)

Landlinien wurde Anfang 2009 von Designerin Daniela Klütsch gegründet. In ihrer Agentur daklue beschäftigt sie sich hauptberuflich mit Kommunikation für nachhaltige Unternehmen. Wie beim Reisen spielt auch dort das Thema „Entschleunigung“ eine große Rolle. Wenig kommunizieren, dies aber bewusst, achtsam sein, mit sich selbst und seiner Umwelt… das sind Gedanken die sie Tag für Tag antreiben

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