Nach einem köstlichen English Breakfast, beginne ich gestärkt meine Entdeckungstour in St. Ives. Erste Station: das Tourist Office. Hier finde ich zahlreiche, kostenlose Informationen zu Cornwall, St. Ives und auch zum South West Coast Path. Alle Karten und Reiseführer, die ich in Deutschland nur übers Internet bestellen konnte, finde ich hier zum Direktkauf. Gut zu wissen.
Mit meinen vorher notierten Fragen wende ich mich an die ältere Lady hinter dem Tresen. Aufmerksam hört sie mir zu und beantwortet geduldig jede meiner mindestens 12 Fragen.
„An einem Stück durchwandern bis Pendeen ist zu lang. Das nimmt in etwa 8 Stunden in Anspruch. Sinnvoller ist es an einem Tag nur bis Zennor zu laufen. Dauert circa 4 bis 5 Stunden. Dort gibt es auch ein ganz entzückendes Hostel. … Bis Penzance ist der Coast Path eher rau, mit vielen Steigungen. Ab da wird es dann aber flacher und leichter. … Die Unterkunft, ob B&B oder Hostel, sollte man mindestens einen Tag vorher reservieren. Besser noch zwei bis drei Tage. Vor allem am Wochenende. … Es sind schon einige Wanderer auf dem Coast Path unterwegs. Meist organisierte Gruppen, die einen Teil der Gesamtstrecke gehen. Und viele, die Tagestouren machen und nach einer Etappe zurück zu ihrer Unterkunft kehren. … Bei den Wanderern handelt es sich größtenteils um ältere Wanderer. Auch viele Deutsche sind dabei. Aber nicht unbedingt junge Frauen, so wie sie. Die jüngeren Briten verbringen ihre Backpacker-Reisen eher in Australien oder Neuseeland. … Das Wetter wird gut! Nur Sonntag soll es etwas Regen geben. Sonst viel Sonne und trocken.“
Was ich jetzt noch nicht wissen kann: diese ersten Tipps bestätigen sich immer wieder im Laufe meines gesamten Weges.
Mit den neuen Informationen und den Gedanken, die ich mir schon im Vorfeld gemacht hab, lege ich die nächsten Etappen meiner Route fest. Heute Mittag werde ich dann in Ruhe die Unterkünfte für die folgenden drei Ziele buchen. Dann habe ich, oder besser gesagt mein Kopf, erstmal Ruhe. Kein Grübeln darüber ob und wo ich eine Unterkunft finden werde. Ein beruhigender Gedanke.
Mit der kleinen Karte von St. Ives aus dem Reiseführer und der historischen Beschreibung aus dem Tourist Office in der Hand, lasse ich mich durch das Städtchen treiben. Kurze Einschätzung der Verpflegungssituation: der Coop-Supermarkt hat bis 23 Uhr geöffnet. Sehr gut. Neben dem Coop findet man auf und um die Chapel Street alle wichtigen Adressen: Post, Tourist Office, Toilets und jede Menge Souvenirshops. Richtung Hafen lande ich auf der Wharf Road, der Straße die den gesamten Hafen einrahmt und an der sich vielzähligen Restaurants reihen. Von traditionellen Pubs über Take-Aways bis niedlichen Cafés, kann man hier fast überall zu humanen Preisen (noch unter 10 £) speisen.
Am Ende der Straße lande ich automatisch auf dem Smeaton´s Pier. Von hier aus ist der Blick auf das Städtchen und den Hafen besonders schön. Wie im Mittagsschlaf liegen die Boote auf dem Sand im Hafen und warten träge auf die Flut. Erst von hier aus erkenne ich, dass sich hinter dem Pier weitere Buchten verstecken. Neugierig laufe ich weiter außen um St. Ives herum Richtung St. Ives Museum. Leider hat es heute geschlossen. Die Fotos aus der vergangenen Zeit an der Außenwand des Museums versetzen mich für einen Augenblick zurück. Der Duft von Torf und Salzwasser liegt dabei in der Luft.
Hinter der kleinen Bucht, die ich eben vom Pier aus erkennen konnte, erscheint ein weiterer Strand. Der Porthgwidden Beach. Unglaublich, das ist jetzt schon die 4. Bucht. Und immer wieder dieses unglaublich türkisfarbendene, klare Wasser. Von hier aus laufe ich hoch auf den Hügel zum Coastguard, vorbei an den vielen Bänken. Sie halten an zum verweilen, entspannen und auch zum nachdenken. Auf allen von ihnen ist eine kleine Tafel angebracht, mit eingravierten Zeilen für die Person, die diese Bank gewidmet ist. Ich lasse meinen Blick durch die Kamera über die Bänke gleiten und fotografiere die Widmungen. Dabei bin ich mir sicher, dass ich im Laufe meiner Reise noch öfter auf solche Bänke treffen werde. In Gedanken an die Menschen, dessen Namen auf den Bänken festgehalten wurden, widme ich ihnen eine eigene Fotoserie.
Wie vermutet erwartet mich hinter dem grünen Hügel der fünfte Strand von St. Ives. Der Porthmeor Beach liegt etwas abgelegen vom Stadtkern, dafür ist er nicht weniger attraktiv. Die vielen gleich aussehenden Ferienhäuser im Rücken des Strandes deuten an, was hier in der Hauptsaison los sein mag. Jetzt im Mai gehört der Strand lediglich zwei Surfern, die ihr Glück in den Wellen suchen.
Zurück zum Hafen laufe ich an der Tate Gallery vorbei durch das Städtchen. Dabei entdecke ich einen verstecken Fischladen, der wirklich alles bietet was dieses tolle türkisfarbene Meer her gibt. Würde ich in einem Ferienhäuschen wohnen und nicht in einem B&B, so würde ich mich jetzt ohne zu zögern mit Fisch eindecken und kochen. Aber gut. Geht jetzt halt nicht. Weiter.
Am Ende der Strasse stoße ich auf die Forestreet. Staunend verharre ich in diesem Moment fast regungslos, um dieses idyllische Bild einzufangen. Wie aus dem Bilderbuch erstreckt sich rechts und links neben mir die kopfsteingepflasterte Gasse, eingerahmt von etlichen, niedlichen Häuschen und Shops. Cornwall wie im Bilderbuch. Im Schneckentempo betrachte ich jedes Schaufenster, in der Bakery jedes einzelne Törtchen. Der größte Genuss, bei meiner angestrebten Sparsamkeit in diesem Urlaub, ist das „sich-etwas-gönnen“. Nur einmal am Tag reicht vollkommen aus. Heute fällt die Wahl auf diesen von Schokolade tiefbraun durchzogenen Brownie. Hmmm…
Richtung Hafen entdecke ich ein köstliches Café neben dem anderen. Und etliche Bakerys mit Pastys, cornische Spezialität. Dieses Highlight heb ich mir noch für einen anderen Tag auf. Am Strand im Hafen verspeise ich erstmal genüsslich den sündhaften Brownie. Zur Mittagszeit herrscht hier friedliches Treiben. Die Einheimischen, und auch Touristen, nutzen die Gunst des traumhaften Wetters und entspannen am Hafen. Es ist ein friedliches, ruhiges Miteinander. Nicht so laut und aufbrausend wie in Spanien beim Pilgern. Anders eben.
Von hier aus erledige ich meine Telefonate und reserviere die Unterkünfte für die nächsten drei Tage. Die folgende, schwierigste Strecke des South West Coast Path (laut offizieller Website) teile ich in zwei kürzere Etappen auf. Für den Anfang sollte das ganz sinnvoll sein. Morgen, wenn ich in dem Hostel in Zennor angekommen bin, werde ich mich dann um die nächsten Unterkünfte kümmern.
Bevor mich der Hunger weitertreibt, genieße ich die noch lauffreie Zeit am Strand, beobachte die Leute, schlummere etwas bei geschlossenen Augen und freue mich auf Morgen. Als das Wasser leer und der Hunger groß ist, treibt es mich weiter. Am Ende der Wharf Road werde ich fündig. Im „Rivers Inn“ gönne ich mir einen Chacun Chicken Burger mit Bacon und Fries, plus stilles Wasser für 8.75 £. Das ist preislich in Ordnung.
Gesättigt und entspannt, verbringe ich den Rest des späten Nachmittags lesend am Porthminster Beach. Als ich später zurück zum B&B schlendere, holt mich das traurige Gefühl ein, dass ich St. Ives morgen schon verlassen werde. Gleichzeitig ist die Freude auf das Neue so groß, dass sich die Traurigkeit ebenso schnell wieder auflöst. Die Tatsache, hier überhaupt gewesen zu sein, macht die Zeit so kostbar.
Die Unterkunft
Das B&B “Carlyon Guest House” liegt schräg gegenüber der Busstation „the Terrace“. Fast alle Zimmer des B&B sind nach vorne raus gelegen, so dass man einen wunderschönen Blick auf das offene Meer hat. Außer mein Zimmer natürlich… Für eine „single person“ war nur noch dieses Zimmer frei. Zum selben Preis wie ein Doppelzimmer versteht sich. Von dieser (leider oft vorkommenden) Art, habe ich im Vorfeld schon öfter in Foren gelesen. Dabei werden Alleinreisenden oft minderwertige Zimmer zum selben Preis eines Doppelzimmers angeboten.
Den Verfall meines Zimmers bemerke ich erst, als ich die zusammengedrückten Klamotten aus meinem Rucksack in den Kleiderschrank räumen will. Beim Öffnen reißt der Türknopf ab und liegt fragend in meiner Hand. Vorsichtig drücke ich ihn zurück in die Tür und rüre ihn nicht mehr an. Für 2 Tage brauche ich auch nicht unbedingt einen Schrank. Weiter geht´s. Um mich unbeobachtet umzuziehen zu können, ziehe ich das hellblaue Rollo vor dem Fenster zum Hof runter. Leider an der falschen Seite, so dass es sich aus seiner Verankerung löst und mir auf den Kopf fällt. Ok… soll wohl nur Deko sein. Mit viel Mühe, Geduld und 3 Halskrämpfen, fummele ich angestrengt das Rollo so einigermaßen zurück in die ohnehin sehr lockere Befestigung. Diesmal in verlängerter Form, für ein blickdichtes Fenster. Nach 3 Anläufen hat es dann endlich geklappt. Zu meinem Ärger stelle ich erst jetzt fest, dass das Fenster dahinter noch offen ist. Nein, ich berühre das Rollo jetzt nicht nochmal. Trotz allem: Mein Zimmer gefällt mir! Ich hab ein eigens Bad im Zimmer (ensuite), ein großes Bett, einen Fernseher (den ich bis zu meiner Abreise kein Mal einschalte) und den obligatorischen Wasserkocher für Tea, Coffee oder Chocolate. Das liebe ich an den britischen Inseln.
Das Frühstück
- von 8.30 bis 9.15 Uhr
- Wahl zwischen English, Continental und Vegetarian Breakfast sowie Toast mit Rüherei und Lachs
- Tea, Coffee, O-Saft, Cereals inklusive
- Vom Frühstücksraum blickt man aufs Meer
- Auszeichnung/ Urkunde für das beste Frühstück 2009
Der Preis
- ab 35 £ /Person und Nacht im EZ (inkl. Frühstück)
- ab 64 £ /Zimmer und Nacht im DZ (inkl. Frühstück)
Das Angebot
- zentral in der Nähe vom Busbahnhof
- Wasserkocher, Tee & Kaffee auf dem Zimmer
- Föhn
- frische Handtücher
- TV
- Zahlung mit Kreditkarte möglich
Anschrift
Carlyon Guest House
18 The Terrace
St. Ives
Cornwall
TR26 2BP
Tel: +44 (0)1736 795317
www.cornwall-online.co.uk/carlyon-guesthouse
Alle Bilder dieser Tour habe ich außerdem hier zusammengestellt:
Fotoalbum “St. Ives” bei flickr (41 Bilder)
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